Medizinprodukterichtlinie: Hersteller sollten trotz Fristverlängerung aktiv werden

Das EU-Parlament hat die Fristen zur Umsetzung der Medizinprodukte-Verordnung MDR (EU) 2017/745 verlängert. Die festgelegten Fristen seien nicht ausreichend gewesen, und könnten in der Konsequenz Engpässe in der medizinischen Versorgung bedeuten, so das Parlament. TÜV NORD sieht diese Entscheidung mit Sorge und rät Betroffenen, das Gesetz zügig umzusetzen. Das Risiko, am Ende der Übergangsfrist ohne gültige Zulassung darzustehen, sei zu groß.

Mit der Veröffentlichung der Verordnung im Official Journal der EU ist es amtlich. Unter bestimmten Bedingungen müssen Medizinprodukte – gestaffelt nach Risiko – erst im Dezember 2027 bzw. Dezember 2028 MDR-zertifiziert sein. Damit wurde die Sorge der Hersteller berücksichtigt, die notwendigen Bescheinigungen nicht rechtzeitig vorweisen zu können und ihre Produkte nicht weiter in den Verkehr bringen zu dürfen. Beklagt wurde unter anderem, dass es nicht genug Benannte Stellen gebe, die die Anträge fristgemäß umsetzen können. Für Ralf Thomsen, Leiter Medizinprodukte International bei TÜV NORD, spiegelt das nur einen Teil der Wahrheit wieder: „Richtig ist, dass wir bei Einführung der MDR mit einer geringeren Zahl an Benannten Stellen gestartet sind. Es gibt aber eine Reihe von Gesellschaften, die sich im fortgeschrittenen Benennungsverfahren befinden. Wenn diese in Kürze am Markt sind, sind wir vergleichbar gut aufgestellt wie vor der MDR.“ Und dann, so Thomsen, wäre der gut beraten, der zeitnah seine Unterlagen beisammen und aktualisiert hat.

Der Arbeitsaufwand ist mit der neuen Medizinprodukte-Verordnung immens gestiegen. TÜV NORD legt das Dreifache an Arbeitszeit zugrunde, bis aus einem Antrag eine Bescheinigung wird. Gleiches trifft die Hersteller von Medizinprodukten. Auch dort ist der Aufwand, neue Akten für alle Produkte zu erstellen, sehr hoch. “Viele Hersteller sind noch gar nicht final in der Umsetzung. Das sehen wir daran, dass rund die Hälfte unserer Kundinnen und Kunden bislang keinen Antrag bei uns eingereicht haben“, sagt Ralf Thomsen. Für ihn ist das nachvollziehbar, weil der Prozess viel Zeit und Geld verschlinge.

Es ist bereits die zweite Verlängerung, die die EU den Herstellern gewährt. Die „Last-Minute-Mentalität“, die mit der Verlängerung der Übergangsfrist erneut angeheizt wird, hält der Experte von TÜV NORD für gefährlich. „Das Verfahren ist zu komplex, als dass man es kurzfristig umsetzen kann. Das, was man fortführen möchte, sollte man zügig beantragen, denn nicht jeder Antrag läuft reibungslos durch. Wir sehen, dass die MDR-Anträge oft unstimmig sind und noch nachbearbeitet werden müssen. Das kostet Zeit. Deshalb mein Apell: Riskieren Sie keine Versorgungslücke und stellen sie die erforderlichen Anträge so zeitnah wie möglich“, sagt Ralf Thomsen.

Wichtig ist: Von der Übergangsfrist sind nicht alle Medizinprodukte automatisch betroffen. Sie gilt nur für Produkte, die bereits eine Marktzulassung haben (93/42/EWG bzw. 90/385/EWG), nicht wesentlich verändert worden sind und für die vor Ablauf dieser Zulassung ein Antrag bei einer Benannter Stelle nach MDR eingereicht worden ist. Auch andere Ausnahmefälle sind möglich.

Hilfe können Hersteller bei den Benannten Stellen finden. Sie sind erster Ansprechpartner bei Fragen und können ggf. Schulungen oder Seminare zur MDR vermitteln. „Suchen Sie den Kontakt zu Ihrer Benannten Stelle. Wir haben immer ein offenes Ohr, auch, wenn wir selbst keine Beratung anbieten können“, so Thomsen.

Weiterführende Links:

https://www.tuev-nord.de/de/unternehmen/zertifizierung/medizinproduktverordnung

 

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